Frank Steffen ist Metzgermeister – und Traiteur. „Ein Traiteur ist ein mobiler Logistiker, der gut kochen soll“, findet er. Sein Erfolg scheint ihm Recht zu geben.
Schinken hängt neben Schinken, mehrere Hundert sind es. Bis zu 14 Monate hängen sie in speziell klimatisierten Reiferäumen. Sie sind eine Spezialität des Luxemburger Metzgermeisters Frank Steffen und eines seiner Vorzeigeprodukte. Steffen stellt die Schinken so her, wie auch die echten Parmaschinken produziert werden, das hat er in Parma gelernt. Pro Jahr verlassen zwischen 320 und 350 fertige Schinken mit dem Namen Lisanto die Produktionsräume von „Steffen Salaison“. Die Schinkensparte ist nicht der einzige Bereich der heutigen Groupe Steffen, einem Familienunternehmen, das neben Fleischverarbeitung auch Metzgerei, Patisserie, Feinkost und Catering auf gehobenem Niveau umfasst. Die Unternehmensgeschichte begann 1989 mit der Eröffnung des Metzgerladens, der die Kultur des guten Fleisches ehrt, im Heimatort Steinfort. 2001 kam ein zweiter Betrieb in Düdelingen dazu, 2008 dann der Laden in Cents, 2011 die Dépendance in Pétange und schließlich 2013 das Geschäft in Esch-sur-Alzette. 2012 wurden alle Marken in einem Konzern, der Groupe Steffen, zusammengeführt.
Beim Metzger Essen gehen
Direkt neben der Metzgerei in Steinfort liegt das Restaurant La table de Frank, eine nahe liegende Line-Extension. Als Metzger hatte Steffen auch immer einen Partyservice. Wie die meisten seiner Kollegen auch. Irgendwann entstand aus der Nachfrage eine Idee, und die wurde zum Selbstläufer. Im La Table de Frank werden regionale Gerichte aufgetischt, qualitativ hochwertiges Fleisch aus eigener Verarbeitung, Feingebäck und Desserts aus der unternehmenseigenen Patisserie. Man geht beim Metzger essen. Und so muss es im Restaurant auch aussehen, das ist Steffen wichtig. Alte Schwarz-Weiß-Fotos hängen an der Wand, in Rahmen aus Schwemmholz. Fotos aus seiner Kindheit, die er zum großen Teil in der großväterlichen Metzgerei verbrachte, Alttagsszenen: Klein-Frank auf einem Schwein im Schweinestall, auf einem anderen Foto stehen Mutter und Großmutter mit zwei Kühen vor der Eingangstür der Metzgerei. „Das sind meine Wurzeln“, sagt er zum einen. Und zum anderen: „Wenn man so schöne Werte hat, muss man sie bewahren.“ Und er wusste schon früh, dass er zwar Metzger werden wollte, aber nicht nur, sondern Traiteur: „Das war schon immer mein Wunsch.“ Und auch wenn „Gastronomie seit Gründung des Unternehmens 1989 Teil der DNS ist“, wie Steffen erzählt, war dieses eigene Restaurant neues Terrain für den Metzgermeister. Dass hier in manchen Dingen eigene Gesetzmäßigkeiten herrschen, war ein Lerneffekt.
Events mit bis zu 2.000 Gästen
Und auch der Partyservice selbst entwickelte sich, wurde schnell ein Catering auf hohem Niveau: Aus dem rustikalen Speiseangebot mit Spanferkel wurden anspruchsvolle und ästhetisch inszenierte Gerichte mit guten Produkten aus der Region. Inzwischen werden Veranstaltungen mit bis zu 2.000 Gästen organisiert und becatert.
„30 Prozent des Caterings sind Food, 70 Prozent Logistik und Menschen“, sagt Frank Steffen. Von den 210 Mitarbeitern der Group Steffen arbeiten 70 im Catering; mit dieser Sparte werden 7 Mio. Euro pro Jahr erwirtschaftet, ein Drittel des Gesamtumsatzes. Herz des Nonfood-Caterings ist eine 2.000 qm große Halle in einem Nachbardorf: Dort lagert Steffen das Equipment – von Tellern, Tischen und Tischdecken über die Dekoration bis hin zu Stromkästen. Der Lagerumfang berechnet sich für ihn nicht in Palettenstellplätzen. So arbeitet Steffen nicht. Sein Lager ist organisiert in vier Etagen, Gitterwagen und Regalen mit Mannhöhe (um Stapler zu vermeiden) und Flightcases sowie angebundener Spülküche. Anders als viele andere Caterer sieht er das Nonfood-Lager nicht als reine Kapitalbindung, sondern als Basis für „eine große Reaktivität“ – und für größere Wettbewerbsfähigkeit. Dass man nichts anmieten müsse, sei ein großer Vorteil für die Kunden. Der Lagerhalle sollen nun eine Produktionshalle und ein Verwaltungsgebäude folgen, die dezentralen Unternehmensbereiche zusammengeführt werden. Von den Metzgerläden abgesehen natürlich.
Neu: Gastronomie im Bahnhof
Mit den Jahren wurde der Name Steffen, ob nun als Maison Steffen (Metzgerei), Lisanto (Schinken), Steffen Traiteur (Catering) oder La table de Frank, in der Genießer- wie auch in der Gastronomieszene in ganz Luxemburg zum Begriff. Neustes Projekt: Le Quai Steffen. Gastronomie im Bahnhof von Luxemburg-Stadt. Schnelles Essen zu günstigen Preisen. Jedoch jenseits einer Bahnhofsgastronomie, stattdessen ausgerichtet auf die Bedürfnisse eines Großstadtpublikums, das es eilig hat, aber gut essen möchte. Einerseits gibt es einen Take-Away-Bereich, dem Restaurant vorgelagert. Der verkauft schon seit November vergangenen Jahres. Das Restaurant für bis zu 140 Gäste wiederum hat im Juli eröffnet. Das Angebot ist an fünf Zeiten angepasst: Frühstück, Vormittagsgeschäft, Mittagessen, Nachmittagsverpflegung und Abendessen. An sieben Tagen die Woche, von 5.30 Uhr bis 23.30 Uhr. Steffen trägt sich bereits mit dem Gedanken an eine räumliche Erweiterung. Das Potenzial ist da: Täglich strömen 70.000 Reisende durch den Bahnhof. Und dann gibt es noch die Anwohner und die im Bahnhofsviertel Beschäftigten.
Achtsamkeit, Wertschätzung und Verantwortung, das sind die zentralen Faktoren, die im Unternehmen Steffen eine Rolle spielen – egal, ob es um die Tiere geht, die Maison Steffen verarbeitet, um die Produkte, die bei Steffen Traiteur, im Restaurant La table oder im Le Quai Steffen zum Einsatz kommen. „Wir sind ein Unternehmen, das sehr sozial ist. Und wir haben Verantwortung. Für die Produkte wie auch für die Menschen, mit denen wir arbeiten. Jeder Mitarbeiter ist ein zu pflegender Experte.“ Und Steffen sagt von sich selbst: „Ich bin durch das Unternehmen auch als Mensch gewachsen.“
2009 ist Sohn Tom (das „to“ in Lisanto; „Lis“ steht für Lisa, „an“ für Anne, die Töchter von Frank Steffen) in das Unternehmen eingestiegen. Prädestiniert dafür hat ihn nicht nur, mit Maison Steffen aufgewachsen zu sein, sondern auch ein Abschluss als Bachelor im Hotel- und Restaurantmanagement der renommierten Paul-Bocuse-Hotelschule. Und auch Tochter Lisa, die derzeit studiert, soll in absehbarer Zeit in das Unternehmen eintreten. Frank und Tom Steffen sind die Luxemburg Ambassadors der EPCAS, der European Party Caterer Association, einer Plattform für europäische Event-Caterer. Ziel ist es vor allem, die oftmals grenzübergreifend tätigen Mitglieder über aktuelle europäische Initiativen bzw. Gesetzgebungen zu unterrichten. Aber der Verband hat sich auch professionelle Weiterbildung und die Reduzierung von Food Waste auf die Fahnen geschrieben.
Foto: Group Steffen