Durch Corona ist Homeoffice nun geübt. Für die Business-Caterer hat das jedoch gravierende Folgen. Auch für die Zukunft.
Nach wie vor wirbelt Corona die Gastronomie und somit auch das Business-Catering durch. Klar ist trotzdem schon jetzt: Die Betriebsgastronomie wird zukünftig mit weniger Gästen und Auslastung zu rechnen haben. Wie viel, da sind sich Branchenkenner uneinig: Manche reden von 15 bis 30 Prozent, manche von mehr. Einig sind sie sich jedoch darin: Die Mitarbeiterverpflegung in den Betrieben ist nach wie vor elementar, denn sie ist mehr als reine Nahrungsaufnahme, sondern steht für Gemeinschaftsgefühl, für das kollegiale Miteinander, für Networking und auch für Know-how-Transfer. Das Betriebsrestaurant ist Kommunikationstreffpunkt, und das Essen der alles verbindende Kleber. Und auch Arbeitgeber profitieren von zeitgemäßen betrieblichen Gastronomiekonzepten: Sie erhöhen ihre Attraktivität durch ein aktives Engagement beim Speiseangebot am Arbeitsplatz. All das gilt auch in der derzeitigen Situation, auch wenn der Handlungsrahmen für die Business-Caterer mal wieder gravierend eingeschränkt ist. Die fahren seit Monaten erneut auf Sicht.
Pandemie forciert Digitalisierung
„Die erhoffte Erholung verschiebt sich von Quartal zu Quartal, aktuell sehen wir eine Rückkehr zu einem New Normal im 4. Quartal 2021“, so Alexander Schad, Geschäftsführer vom Berliner Business-Caterer Aveato. Und so lautet momentan die Devise bei Aveato wie bei den meisten Business-Caterern: Schadensbegrenzung durch Kostensenkungen und neue Geschäftsmodelle. Und der Schaden ist beträchtlich. „Wir rechnen insgesamt für die Wisag Catering für 2020 mit einem corona-bedingten Umsatzrückgang von bis zu 25 Prozent, der sich vor allem im Business- und Event-Catering niederschlagen wird“, so Ulrich Höngen, Geschäftsführer der Wisag Catering Holding. Drastischer fällt die Umsatzrückentwicklung bei der SV Group Deutschland aus: „Die dynamische Entwicklung der Pandemie ermöglicht bis heute keine verlässlichen Prognosen. Im Business-Catering haben wir Umsatzverluste von rund 55 Prozent“, so Christian Eick, bei der SV Group Deutschland Leitung Marketing & Sales Support. Auch bei Aveato liegen die Rückgänge laut Schad in dieser Größenordnung.
„Gefühlt sind wir in einem Zustand des Dauerkrisenmodus“, sagt Eick über die vergangenen Monate: „Eine Anpassung des Tagesgeschäfts an ständig neue Verordnungen, Richtlinien und Verbote ist herausfordernd.“ Lieferservices und Take-away haben sich inzwischen auch im Business-Catering etabliert. Sie können sicher bei der Schadensbegrenzung helfen, tragfähige Geschäftsmodelle für die Zeit nach Corona sind sie nur bedingt. Und so werden die in der Krise liegenden Chancen gesucht. Gern strapaziert wird hierbei der Begriff Digitalisierung: ein Prozess, der branchenweit unabwendbar ist, den die meisten Caterer auch schon mehr oder weniger vor Corona initiiert haben, aber für den die Pandemie zum Booster wurde. Und dessen Ergebnisse äußerst heterogen sind.
Bei Wisag stand einerseits die Mitarbeiterkommunikation im Fokus der neuen digitalen Ausrichtung, wie Ulrich Höngen berichtet: Eine Mitarbeiter-App, die man bereits vor Corona eingeführt hatte, „machte es uns – neben Videokonferenzen und digitalen Botschaften –
möglich, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erreichen, zu integrieren und letztlich zu motivieren. Im Rahmen der Personalentwicklung haben wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pandemie verstärkt im Umgang mit digitalen Medien geschult. Wie funktioniert etwa digitale Unternehmensführung? Und wie präsentiere ich mich in virtuellen Meetings? Wir haben außerdem die Digitalisierung unserer Geschäftsprozesse aktiv vorangetrieben, denn bargeldloses Bezahlen und beschleunigte digitale Kassenprozesse sowie Bestell- und Lieferservices werden immer wichtiger.“ Aber auch an digitalen Lösungen für die Interaktion mit Gästen habe man gearbeitet. „An ausgewählten Standorten können sich unsere Gäste zum Beispiel künftig ihr Mittagessen über unsere Catering-App bestellen und liefern lassen. Hierfür bauen wir gerade eine entsprechende Logistik auf.“
Auch bei der SV Group Deutschland wurden interne Prozessen sowie Interaktion mit Kunden und Gästen unter die „Digital-Lupe „genommen. „Neben internen Tools wurde vor allem die digitale Gästekommunikation gepusht: eine SV-App wurde gelauncht, eine eigene Podcast-Reihe ,Kopfsalat‘ veröffentlicht und ein ,Digitaler Gesundheitstag‘ konzipiert und umgesetzt.“
Innovative Lösungen gefragt
In der aktuellen Situation ist Sicherheit das oberste Gebot, ist man bei Sodexo überzeugt und legte den Fokus in der Digitalisierungsstrategie auf die Installation einer neuen Technologie in den Restaurants: „Um sicherzustellen, dass die Gästezahl zu jeder Zeit reguliert wird, haben wir in ausgewählten Betriebsrestaurants Sensortechnologie an den Tischen und an den Wänden installiert. Der Gast sieht auf Bildschirmen und in unserer Bite-App, welche Tische frei sind und ob der Eintritt möglich ist. Innovative Lösungen dieser Art werden auch nach dem Ende der Pandemie gefragt sein“, so Alexander Weiß.
Unterstützung in Sachen Digitalisierung kommt für die Business-Caterer nun ausgerechnet von einem Mitbewerber. Aveato hatte sich mit innovativen digitalen Lösungen schon vor der Pandemie positioniert. Für aKitchen wurde das Unternehmen 2017 mit dem Titel „Caterer des Jahres“ ausgezeichnet. Nun öffnet Aveato die Software für andere Caterer, so Schad: „Die Nachfrage nach unserer Küchensoftware ist groß. Vor der Pandemie gab es die Software nur mit dem Inhalt Aveato zum gelingsicheren Einstieg ins Business-Catering mit Aveato. Das haben wir verändert. Wir haben damals die Software selber entwickelt, weil es keine am Markt gab und das ist noch immer so. Sie hat maßgeblich zum Erfolg von Aveato beigetragen und aus einer kleinen Sandwichbar in Berlin Mitte in kurzer Zeit einen der führenden Caterer gemacht. Kollegen wollten die Software ohne das Aveato-Konzept kaufen, und so haben wir das Ganze weiterentwickelt. Ein erster renommierter Caterer aus NRW startet in den kommenden Tagen. Weitere werden folgen. Denn unsere Software macht Caterer produktiver, reduziert die Komplexität und unterstützt alle Kernprozesse nahtlos digital“, erklärt Schad.
Flexibilität wird elementar
Wie und wo sehen sich die Business-Caterer zukünftig? Wie lässt sich eine vielfältige Verpflegung von Mitarbeitern nach der Pandemie konkret gestalten? Wie kann man wirtschaftlich flexibel auf veränderte Mitarbeiterzahlen reagieren? Gut, zum jetzigen Zeitpunkt gleicht das „konkret“ noch einem Blick in die Kristallkugel. Die Anforderungen, die die zukünftige Arbeitswelt mit sich bringt, lassen sich jedoch sehr deutlich erkennen. Christian Eick: „Mitarbeiter werden nur noch an 2 bis 3 Tagen die Kantine aufsuchen, dann aber sind sie bereit, mehr für ein Essen auszugeben. In der Krise waren und sind schnelle Lösungen und neue Konzepte gefordert. Dabei zeigte sich, wie agil wir als Unternehmen sein können. Und Agilität wird auch zukünftig eine wichtige Schlüsselkompetenz für unser Unternehmen darstellen.“
Auch Höngen sieht die Flexibilität als Thema der Zukunft. „Wir müssen uns quasi neu erfinden und auf eine zunehmende Flexibilisierung des Geschäfts einstellen. Hy-
bride Arbeitsformen mit Homeoffice-Anteil werden sich durchsetzen – entsprechend erwarten Kunden extrem flexible Konzepte sowie einen kontinuierlichen und schnellen Ausbau digitaler Angebote. Neue Konzepte müssen auf schwankende Gästezahlen ausgerichtet sein und über den Tag hinweg attraktive – und nachhaltige – Versorgungsmöglichkeiten bieten. Die verstärkte Nachfrage der Kunden nach einer regionalen, bewussten und gesunden Ernährung macht sich schon jetzt in aktuellen Ausschreibungen bemerkbar.“ Und Schad ergänzt: „Unser Treibstoff ist der Drang nach Geselligkeit. Geselligkeit ist im Moment nicht Dolce Vita, sondern eine Gefahr. Sollte dies im New Normal so bleiben, muss sich unsere Branche ganz neu erfinden. Stand jetzt wird die Zukunft im Business-Catering sein: Lieferservice, niedrige Bestellwerte, Bentoboxen, klares Commitment für Umweltschutz und Hygiene.“
Foto: Shutterstock