Ein neues Phänomen sind Essens-Lieferdienste in Deutschland nicht. Dennoch sollten sich Caterer mit der Entwicklung dieser Branche jetzt ernsthaft auseinandersetzen. Denn die Umsätze sind in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Laut Statista konnten die Essens-Lieferanten im Jahr 2018 in Deutschland einen Umsatz von 3,6 Mrd. Euro erzielen – und die Prognose ist noch heftiger, denn im Jahr 2022 rechnet Statista mit einem Marktvolumen von fast 7 Mrd. Euro. Damit hätte sich das Umsatzvolumen des Marktes dann in vier Jahren verdoppelt. Diese Entwicklung deckt sich mit der internationalen Tendenz, so mischen Anbieter wie beispielsweise Uber Eats in den USA den Gastronomie-Sektor kräftig auf.
Diese Umsätze werden dabei längst nicht mehr nur als so genanntes „Home-Meal Replacement“ gemacht, sondern auch in Bereichen wie Partyservice und Business-Catering. In vielen Unternehmen geben sich die unterschiedlichsten Lieferservices zur Mittagszeit die Klinke in die Hand, um entweder einzelne Mitarbeiter zu versorgen oder sogar ganze Teams. „Ich bestelle zwei bis dreimal pro Woche mittags das Essen für meine ganze Belegschaft bei einem Lieferservice“, betonte kürzlich ein Agenturchef gegenüber Cooking + Catering inside. Und da die Mitarbeiter solcher Unternehmen aufgrund aktuell laufender Projekte oft bis in die Abendstunden zusammenbleiben, wird nicht selten auch am Abend noch einmal bestellt. Überall dort, wo der Besteller eine Adresse angeben kann, kann er für sich oder eine ganze Gruppe Essen liefern lassen. Bezahlt wird dabei meist auch bereits online, sodass die Lieferdienste kaum noch fürchten müssen, auf einer Bestellung ohne Bezahlung sitzen zu bleiben.
Der Lieferdienst Pizza.de beispielsweise hat die bundesweiten Bestellungen des vergangenen Jahres ausgewertet. Die Botschaft ist ganz klar: Online-Bezahlsysteme sind stark im Kommen. Am liebsten, so ein Ergebnis der nach der Auswertung entstandenen Studie, bezahlen die zu beliefernden Kunden mit PayPal. Knapp die Hälfte der Bestellungen (46 Prozent) wurde über den Onlinedienst abgewickelt. Barzahlungen kommen direkt an zweiter Stelle mit 45 Prozent. Auf dem dritten Platz landen die Sofortüberweisung mit 4 Prozent und die Kreditkarte (4 Prozent), gefolgt von der EC-Karte vor Ort (1 Prozent). Am häufigsten wird die Bezahlung in den Bundesländern Rheinland-Pfalz (51 Prozent), Berlin (49 Prozent) und Sachsen (49 Prozent) per PayPal abgewickelt. Gefolgt von Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen mit jeweils 48 Prozent.
Die Tatsache, dass trotz des allgemein festgestellten Trends zu besserem Ernährungsbewusstsein, die massenhafte und zunehmende tägliche Lieferung von Pizza, Burgern und Nudeln und anderen als vermeintlich ungesund eingestuften Mahlzeiten zu verzeichnen ist, ist nur auf den ersten Blick ein Widerspruch. Denn der Vorgang der Lieferung hat eigentlich nichts mit der gelieferten Ware zu tun. Wenn die Zahl der ernährungsbewussten Kunden weiter steigt, wird sich das nach Ansicht von Fachleuten nicht im Abschied von solchen Lieferdiensten, sondern eben immer mehr in der Auswahl gesünderer bzw. spezieller Speisen (z.B. vegan, ohne Laktose, biologisch, fair) niederschlagen. Deren schnelle Zubereitung und Lieferung wird an einigen Stellen vielleicht aufwändiger und teurer sein als die von Pizza & Co., aber wer zweifelt daran, dass die Kunden dann nicht auch bereit sind, für diese Art von Convenience mehr zu bezahlen?
Darüber, wie groß die Zahl derer ist, die Lieferdienste überhaupt nutzen, gehen die Meinungen und die genannten Zahlen noch sehr stark auseinander. Eine Studie von Service Value und Focus Money aus dem vergangenen Jahr jedenfalls geht davon aus, dass in Deutschland im Monat etwa 24 Mio. Pizzas bestellt werden. In anderen Quellen ist von deutlich weniger Kunden die Rede. Die Attraktivität des Marktes wird sicherlich bald für verlässlicheres Zahlenmaterial sorgen. Dann können die Trends noch deutlich besser eingeordnet werden.
Dass der Markt der Lieferdienste inzwischen in eine neue Reifephase eintritt, zeigt sich auch rund um die Essenslieferdienste Foodora, Lieferheld und Pizza.de. Sie gehörten bisher zum Berliner Unternehmen Delivery Hero. Im Dezember wurde bekannt, dass dieser sein Geschäft für knapp 1 Mrd. Euro an den Konkurrenten Takeaway.com verkauft. Die Niederländer, die das Portal Lieferando.de betreiben, wollen dem Vernehmen nach auf lange Sicht dann nur noch unter dieser Marke agieren. Der Tageszeitung „Welt“ sagte Vorstandschef Jitse Groen, dass die Konzentration auf eine Plattform vor allem auch das Marketing einfacher machen werde. „Wir wollen dadurch im Jahr 60 Millionen Euro an Marketingkosten einsparen“, zitierte der „Tagesspiegel“ Manager Jörg Gerbig. Sein Unternehmen sei ein Verfechter der Ein-Marken-Strategie. (Foto: Shutterstock)
Beitrag aus Cooking + Catering inside, Ausgabe 3/19