Die Krankenhausküchen verändern sich: Hin zu mehr Zentralisierung, dem zunehmenden Einsatz von High Convenience, zu mehr Service am Patienten. Doch eines bleibt konstant: der wirtschaftliche Druck.
Die Ergebnisse der repräsentativen Care-Studie, die K&P Consulting zusammen mit dem Deutschen Krankenhausinstitut durchgeführt hat und bei der 1.300 Allgemeinkrankenhäuser befragt wurden, zeigen, wie die Verpflegung in den Krankenhäusern organisiert ist – und wie sie sich wandelt. Einige der wichtigsten Erkenntnisse sind hier zusammengefasst.
Speisenangebot: Vegetarische Gerichte sind Standard, vegane sind nur in jedem dritten Krankenhaus eine Regelleistung. À-la-carte-Angebote sind vornehmlich Privatpatienten vorbehalten. 90 Prozent der Krankenhäuser haben eine Diät- und Ernährungsberatung. Sie fehlt insbesondere in kleinen Häusern.
Beköstigungstage (BKT): Die Gesamtkosten für einen Beköstigungstag (Frühstück, Mittagessen, Abendessen, ggf. ein Stück Kuchen am Nachmittag) sind im Mittel der befragten Krankenhäuser von 12,83 Euro (2005) auf 14,02 Euro (2018) gestiegen. Sie enthalten Kosten für Lebensmittel, Personal und teilweise Betriebskosten.
Allein die Personalkosten haben in den vergangenen Jahren zu einer signifikanten Steigerung der Kosten je BKT beigetragen, bedingt durch verschiedene Entwicklungen im Arbeitsmarkt wie die Einführung des Mindestlohnes oder Veränderungen in der Arbeitnehmerüberlassung.
Die Anzahl der BKT ist gegenüber 2005 um 26 Prozent gestiegen. Das heißt wiederum, der Output einer durchschnittlichen Krankenhausküche ist heute um mehr als ein Viertel höher als noch vor 15 Jahren: Krankenhäuser produzieren heute wesentlich mehr Speisen. „Das ist zurückzuführen auf die zunehmende Zentralisierung und die Schließung kleinerer Krankenhäuser. Und die Anzahl kleinerer Krankenhäuser wird weiter sinken. Größere und große Krankenhäuser übernehmen die Patientenversorgung und damit auch die -verpflegung. Deren Küchen produzieren daher mehr Essen pro Tag.
Produktionssystem: Die meisten Krankenhäuser kochen weiterhin in selbst betriebenen Küchen frisch und vor Ort und verteilen das Essen warm, auch an externe Kunden wie Schulen oder Kitas. Cook & Serve ist also nach wie vor das verbreitetste Speisenproduktionssystem: 65 Prozent der befragten Krankenhäuser setzen weiterhin auf dieses Produktionssystem. „Für die externe Belieferung Dritter ist das System der Warmbelieferung grundsätzlich überholt, weil sie weder mit Blick auf die Hygiene noch auf die Produktqualität zu empfehlen ist. Die Warmbelieferung ist aber leider trotzdem noch Alltag“, sagt Ekkehart Lehmann, Geschäftsführer bei K&P Consulting und federführend für die Befragung, die bereits zum fünften Mal durchgeführt wurde. Doch der Anteil der Cook-&-Serve-Küchen wird in den kommenden Jahren mehr und mehr zurückgehen. „Vor 30 Jahren wurde noch zu
100 Prozent alles selbst gekocht. Jetzt nur noch zu zwei Dritteln.“
Cook & Chill holt auf, liegt derzeit bei 23 Prozent. Elf Prozent der Küchen nutzen Cook & Freeze bzw. Sous-vide oder zugelieferte High Convenience. „Nicht nur die Zentralisierung nimmt zu, ebenso der Einsatz industrieller Komponenten, also von den Lieferanten vorgegarte Menükomponenten“, so Ekkehart Lehmann. „Das ist der Bereich, der auch zukünftig starke Steigerungsraten aufweisen wird.“
Warenkosten pro Patient: Die Marktforscher verzeichnen einen Anstieg von 4,45 Euro (2005) auf 5,14 Euro (2018). Setzt man das Preisniveau von 2005 an und rechnet die Inflation heraus, würden die Warenkosten heute 3,84 Euro betragen. Ein deutlicher Rückgang. „Das bedeutet jedoch nicht, dass die Qualität der Verpflegung schlechter geworden ist, sondern dass Abläufe effektiver sind“, so Lehmann.
„Der Einkauf bleibt nach wie vor Sache der Küchenleitung“, haben er und seine Kollegen festgestellt. Dafür haben sich Warenwirtschaftssysteme in den Küchen etabliert.
Hostessen: Statt des Pflegepersonals übernehmen mehr und mehr Hostessen die Aufnahme der Speisewünsche und servieren Speisen und Getränke. Nur noch in jedem vierten Krankenhaus ist das Aufgabe des Pflegepersonals. In diesem Kontext haben sich auch digitale Systeme zur Erfassung der Speisewünsche durchgesetzt.
Alter der Küchen: Krankenhausküchen werden immer seltener neu gebaut. Das durchschnittliche Alter der bestehenden Küchen beträgt
29 Jahre. Im Osten Deutschlands liegt das Alter im Schnitt bei 19 Jahren, im Westen und Süden bei
34 bzw. 33 Jahren. Im Norden sind es 26 Jahre. Wie kommt ein solcher Unterschied zustande? Lehmann: „Die Küchen in Ostdeutschland wurden nach der Wende neu gebaut oder modernisiert. Daher das relativ ,junge‘ Alter. Im Süden gibt es tendenziell mehr kleine Krankenhäuser in konfessioneller Trägerschaft, im Westen sind die Träger oftmals Knappschaften oder es sind städtische Häuser. Das erklärt maßgeblich das relativ hohe Durchschnittsalter der Küchen.“
Insbesondere Küchen kleinerer Häuser werden seltener modernisiert. 20 Prozent aller Küchen sind noch nie saniert worden. Werden Küchen neu gebaut, dann wird häufig auf ein thermisch entkoppeltes Produktionssystem umgestellt.
Rund ein Drittel der befragten Krankenhäuser will in den nächsten drei Jahren investieren, insbesondere in Verteiltechnik, Speisenproduktion und Spültechnik.
Personal: Auch Krankenhausküchen haben ein Personalbeschaffungsproblem. Das Durchschnittsalter der Fachkräfte ist seit 2005 im Mittel um vier Jahre gestiegen. „Der Fachkräftemangel wurde hier Corona-bedingt erst einmal etwas abgeschwächt. Und wenn ich von Fachkräften in den Küchen rede, meine ich Köche“, so Lehmann. Der Care-
Bereich wird als eines der sichereren Beschäftigungsfelder angesehen. Corona hat den Care-Markt weniger gebeutelt als andere Catering-Bereiche. „Die Event-Caterer wurden komplett ausgebremst, die Seniorenverpflegung hatte eine Auslastung im Vergleich zu vorher, die bei 94 Prozent lag.“ Doch ob dieser Effekt anhält, bleibt abzuwarten.
Und wie wird sich das Care-Catering weiterentwickeln?
„Grundsätzlich lässt sich sagen: Es gibt einen Trend hin zur Service- GmbH“, sagt Ekkehart Lehmann. „Knapp zehn Prozent der befragten Krankenhäuser wollen in den kommenden Jahren die Betriebsform ihrer Küche wechseln. Knapp die Hälfte will dafür eine Service-GmbH gründen. In den Krankenhäusern sagt man sich: Das, was der Caterer macht, können wir auch.“
Geht derzeit die Entwicklung in Richtung Zentralisierung, wird es in einigen Jahren weniger Zentralküchen geben, stattdessen Küchen auf den Stationen, in denen vorgegarte Komponenten, die fertig verpackt im Kühlschrank liegen, regeneriert werden, ist Ekkehart Lehmann überzeugt.
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