Ein Klassiker deutscher Gegenwartsliteratur ist der Roman „Es muss nicht immer Kaviar sein“ von Johannes Mario Simmel. Das führt unweigerlich zu der Frage, ob das auch für das Getränk gilt, das am häufigsten mit Kaviar konsumiert wird: den Champagner. Gibt es wirklich keinen anderen Schaumwein, der dem Champagner ebenbürtig ist?
Um es vorwegzunehmen: Doch. Die Tatsachen sagen etwas anderes. In Deutschland haben sich im Laufe der letzten Jahre auch alternative Sektvarianten durchgesetzt. Und das will etwas heißen, denn Deutschland ist unbestrittener Sektweltmeister: Knapp ein Viertel des weltweit hergestellten Schaumweins wird hierzulande getrunken – natürlich einschließlich Champagner. „Mehr und mehr Konsumenten entdecken das Premiumsegment des deutschen Sektes für sich, das für hochwertigen Schaumweingenuss bei weniger hohen Preisen steht“, sagt dazu Selina Fritsch vom Verband Deutscher Sektkellereien.
Als Auswirkung der bereits begonnenen Veränderungen durch den Klimawandel können sich auch Länder wie Schottland oder Polen künftig zu interessanten Weinländern entwickeln. „Mit Sicherheit hat die globale Erwärmung dazu beigetragen, dass heute Wein in Lagen angebaut wird, wo er noch vor 30 Jahren niemals reif geworden wäre. Dieses Phänomen sehen wir in vielen deutschen Anbauregionen. Und international erfährt gerade der Süden Englands einen Schaumweinboom“, so Peer F. Holm, Präsident der Sommelier-Union Deutschland.
Was macht den Champagner so besonders?
Gibt es ein mysteriöses Geheimnis rund um den Champagner, der den Edelstoff allen anderen Schaumweinen überlegen macht? Nein. Champagner ist nicht mehr und nicht weniger als eine regionale Schutzbezeichnung, so wie Spreewälder Gurken oder Nürnberger Lebkuchen. Champagner ist die markenrechtlich geschützte Bezeichnung für Schaumwein, der aus Trauben des Anbaugebiets Champagne in Frankreich hergestellt und in einem streng festgelegten Herstellungsverfahren gekeltert wird. Sowohl die Trauben-
sorten als auch das Herstellungsverfahren der traditionellen Flaschengärung (früher Champagnermethode genannt) gibt es auch bei anderen Qualitätsschaumweinen aus den unterschiedlichsten Regionen der Welt. Und dennoch gibt es einige Merkmale, die nur bei Champagner zu finden sind. „Der Boden in der Champagne besteht ganz überwiegend aus Kreide“, erklärt Christian Josephi vom Bureau du Champagne Deutschland & Österreich. „Das sind optimale Voraussetzungen, um die Mineralität in den Trauben und im Wein spürbar zu machen.“ Der Champagnerexperte hebt auch Besonderheiten der Lagerung hervor: „15 Monate für jahrgangslosen Champagner, mindestens drei Jahre für einen Jahrgangschampagner sind die Mindestzeiten für das Hefelager. Und viele Champagner reifen fünf bis acht Jahre in den Kellern der Erzeuger – besonders die Spitzen-Cuvées. Sekt ist meist ein junger Schaumwein.“
Attraktive Sektvarianten
Es muss also nicht immer Champagner sein – obwohl nichts gegen den gelegentlichen Genuss des Originals zum rechten Zeitpunkt spricht. So sieht man das auch in der Sommelier-Union Deutschland: „Es gibt zahlreiche deutsche Winzer, die herausragende Sekte produzieren. Dabei geht es gar nicht um Alternativen zum Champagner, sondern vielmehr um eine eigenständige, großartige Schaumweinkategorie.“ Der schärfste Konkurrent des Champagners ist der Crémant, auch er ist nach der traditionellen Methode hergestellt. Der spanische Cava ist die preisgünstige Alternative und wird ebenfalls nach dem Champagnerverfahren hergestellt. Einige Kompromisse bei der Qualität macht der in Italien beheimatete Spumante. Hier darf bei Bedarf externe Kohlensäure zugefügt werden – bei Champagner ist das strikt verboten. Der kostengünstige Prosecco aus Italien zeichnet sich vor allem durch den niedrigen Kohlensäuregehalt aus, hergestellt aus der Rebsorte Glera. Gute Proseccos haben einen Gärprozess im Tank hinter sich – die Spitzensorten können sogar Flaschengärung vorweisen.
Mittlerweile gibt es eine große Anzahl von Keltereien und Manufakturen, die mit viel Liebe und Kreativität anregende und wohlschmeckende Sektspezialitäten auf den Markt bringen.
In der Regel werden den Grundweinen zunächst Hefe und Zucker zugesetzt und anschließend wird in einer drei- bis sechsmonatigen Gärphase die Kohlensäure gebildet. Bei der traditionellen Flaschengärung liegt der Sekt mindestens neun Monate auf der Hefe.
Eine Spezialität in der deutschen Schaumweinszene ist der Winzersekt. Er betont das Qualitätsmerkmal regional hergestellter Produkte, das sich damit auch zunehmend im Sektbereich etabliert. „Wir blicken auf eine jahrhundertealte Sekttradition zurück“, weiß Peer F. Holm. „Nimmt man nur einmal Heidsieck, Bollinger oder Deutz – all diese Champagnerhäuser haben deutsche Wurzeln. Insofern ist Schaumwein in allen Prägungen ein wesentlicher Bestandteil unserer kulinarischen DNA.“
Feinperliges – nur etwas für Trüffel und Kaviar?
Ein weit verbreitetes Vorurteil ordnet Champagner und seine edlen Varianten instinktiv besonderen Anlässen mit dem entsprechend edlen Festmenü zu. Wer so denkt, vergibt sich einiges, denn Champagner ist ein Genuss-Booster, der auch einfache Gerichte zu etwas ganz Besonderem werden lässt. Gerade zu salzigen und knusprigen Speisen passen Champagner & Co. auf geradezu ideale Weise. Die Kombination aus dem herzhaften Biss in fettige Pommes frites und der angenehm prickelnden Säure des Champagners ist ein genussvolles Erlebnis. Dass dabei die Pommes frites von ebenso hoher Qualität sein sollten wie das Getränk, versteht sich von selbst.
Eine Spezialität, die sich besonders in den Currywurst-Hochburgen Berlin und Hamburg durchgesetzt hat, ist die Kombination aus Champagner der Gärstufe Brut mit feurig-scharfer Currywurst. Hier ist es der Kontrast aus sanftem Herb-Trocken und der höllisch scharfen Currysauce.
Champagner ist ein universelles Getränk für zahlreiche Speisen. „Zum hochklassigen Champagner passen entweder Speisen, die harmonieren oder die einen Kontrast bilden. Ich bevorzuge anstatt komplexer Gerichte lieber einfache, aber exquisite Kombinationen, wie beispielsweise einen edlen Rohschinken zum gehaltvollen Blanc-de-Noirs-Champagner aus blauen Trauben“, meint dazu Christian Josephi.
Auch Peer F. Holm hat seine persönliche Vorliebe: „Ein gereifter Jahrgangschampagner zu einem Schokoladendessert beispielsweise schmeckt einfach großartig.“
Champagner und Sekt sind also in ihrem Qualitätsanspruch streckenweise nicht weit voneinander entfernt. Besonders Qualitätsschaumweine nach der traditionellen Flaschengärung eignen sich als preisgünstige Champagneralternative, die sich auch für den alltäglichen Genuss eignet.
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